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Herden, Puskas, Krüger&Nelsen
Problemstellung: Auch der Hund bedarf der Aufmerksamkeit des Halters, eine Hand wird für die Hundeleine gebraucht.
Wie wirkt sich diese Konstellation bei einem Schadensfall aus?
Das LG Münster (Urt. vom 16.12.2015, Az. 01 S 56/15) hatte über den folgenden Fall zu entscheiden. Der Radfahrer mit seinen zwei Hunden unterwegs, als ein freilaufender Hund eines Fußgängers auf ihn zugesprungen kam. Der Radfahrer verlangt Schmerzensgeld.
Das Gericht geht für von einem angemessenen Schmerzensgeld in Höhe von EUR 800,-- für die hier angefallenen Verletzungen aus. Allerdings wird dem Radfahrer hier erhebliches Mitverschulden (hier: ¾) angelastet, so dass ihm letztlich nur ein Betrag von EUR 200,-- zugebilligt wurde.
Der Kläger müsse sich eine äußerst gefährliche Fahrweise mit zwei Hunden an der Leine und der Leine in der rechten Hand zurechnen lassen, so das Gericht. Es sah darin ein besonders risikoerhöhendes Verhalten, was sich auch in den gesetzlichen Bestimmungen spiegele: § 28 Abs. 1 S. 3 und 4 StVO verbietet im Interesse der Verkehrssicherheit grundsätzlich das Führen von Fahrzeugen, wenn Tiere dabei sind. Ausgenommen von dieser Regel seien nur größere (folgsame) Hunde hinter Fahrrädern.
Fahrradfahrer mit Hund im Sinne der StVO müssten aber sicherstellen, dass die Beherrschung des Fahrrades durch das Tier nicht beeinträchtigt werde. Das sei im Falle des Fahrradfahrers aber eindeutig nicht so gewesen. So hätte er im Falle eines Rechtsabbiegens beispielsweise keine Richtungsanzeige abgeben können. Ein Linksabbiegen hätte zur Richtungsanzeige ein freihändiges Fahren erfordert – rechts hielt der Mann ja seine beiden Hunde an der Leine.
Das Gericht wies insbesondere drauf hin, dass der Fahrradfahrer rechtzeitig hätte reagieren müssen, als er sah, dass er sich einem Fußgänger mit freilaufendem Hund näherte – er hätte entweder die Geschwindigkeit reduzieren oder sogar absteigen müssen.
Um Risiken für Fahrradfahrer mit Hunden zu reduzieren, gäbe es zudem die Möglichkeit, an das Fahrrad eine spezielle Hundehalterung zu bauen, mit der eine Hundeleine gefedert und am Fahrrad befestigt werden kann und die es dem Radler erlaubt, beide Hände zum Führen des Fahrrades zu nutzen.
Ein 61 Jahre alter Autofahrer befuhr eine Bundesstraße und überschritt die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit um 29 km/h. (Geldbuße von 80 Euro + 1 Monat Fahrverbot – Wiederholungstäter binnen eines Jahres).
Vor dem Amtsgericht (AG) trug der Mann zu seiner Verteidigung vor, er verfüge nach einer Prostataoperation nur noch über eine eingeschränkte Kontinenz. Er habe auf der Bundesstraße einen schmerzhaften Harndrang verspürt und habe die Geschwindigkeit nur überschritten um eine Möglichkeit zu finden, „rechts ran zu fahren“. Das AG Paderborn ließ sich von dieser Argumentation jedoch nicht überzeugen und blieb bei der Geldbuße und dem verhängten Fahrverbot (Urt. v. 02.06.2017 – 77 OWi 121/17).
Die Beschwerde beim OLG (Rechtskräftiger Beschluss des 4. Senats für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 10.10.2017) war erfolgreich. Das Gericht hob das frühere Urteil im Rechtsfolgenausspruch auf und hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Ein starker Harndrang, der auf der körperlichen Situation des Betroffenen beruht, hier also der Prostataoperation, und der für die Geschwindigkeitsüberschreitung ursächlich ist, kann einen Grund dafür darstellen, dass ein Fahrverbot nicht verhängt wird.
Allerdings reicht hierfür noch nicht das bloße Vorliegen einer Blasenschwäche aus. Grundsätzlich müsse ein Betroffener mit einer solchen körperlichen Disposition seine Fahrt entsprechend planen, also beispielsweise geeignete Pausen einplanen. Ausgehend hiervon müsse der Bußgeldrichter die näheren Umstände der Fahrt und der Geschwindigkeitsüberschreitung erörtern und in seine Erwägungen einbeziehen. Der Beschluss ist rechtskräftig.
Nach OLG Hamm, Urteil vom 21,6,2017 (Az. 20 U 42/17) muss die Kaskoversicherung nicht mehr zahlen, wenn die Meldung des Schadens erst sechs Monate nach dem Unfall erfolgt.
Der Versicherte hatte zunächst versucht, den Schädiger herauszufinden, was ihm aber nicht gelungen war. Nach einem halben Jahr wurde der Schaden repariert. Der Versicherung hat gegen die Aufforderung zur Regulierung eingewandt, der Versicherte habe seine Anzeigeobliegen vorsätzlich verletzt.
Die Pflicht zur Schadensmeldung binnen Wochenfrist (Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung, E 1.1) besteht unabhängig davon, ob später eine Leistung der Versicherung in Anspruch genommen wird. Die Anzeigepflicht stellt sicher, dass die Versicherung bei einer Inanspruchnahme eigene Ermittlungen anstellen kann. Hiergegen hat der Versicherungsnehmer vorsätzlich verstoßen, da die zeitnahe Anzeigepflicht bekannt war.
Das gilt auch, wenn das Fremdverschulden offensichtlich ist.
Im vorliegenden Fall hielt der Betroffene sein iPhone in der Hand, während er mit seinem Auto in einer Ortschaft fuhr. Das Smartphone nutzte er dafür, Musik abzuspielen.
Das OLG Hamm kam zu folgender Einschätzung: Obergerichtlich sei geklärt, dass die Verbotsvorschrift des § 23 Abs. 1a StVO (Text s.u.) auch auf Mobiltelefone ohne eingelegte SIM-Karte anzuwenden sei. So habe das OLG Hamm in seinem Beschluss vom 01.02.2012 (5 RBs 4/12) ausdrücklich ausgeführt, dass es auf die Frage, ob eine SIM-Karte eingelegt sei, nicht ankomme, wenn eine Funktion des Mobiltelefons während des Führens eines Fahrzeugs genutzt werde (z.B. als Diktiergerät, Musik-Abspielgerät). Jegliche Handynutzung ist verboten. Die Vorschrift verbiete nicht nur die Benutzung eines in den Händen gehaltenen Gerätes zum Telefonieren, sondern auch jegliche Nutzung einer Funktion eines Mobiltelefons.
(OLG Hamm, Beschluss v. 08.06.2017, 4 RBs 214/17)
Da es sich bei einem sog. I Pod aber nicht um ein Mobilfunkgerät handelt, hat das AG Rendsburg einen Betroffenen wegen der Nutzung als Abspielgerät allerdings frei gesprochen.
Die übliche Buße für einen Handyverstoß beim Autofahren beträgt übrigens EUR 60,-- sowie ein Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg.
§ 23 Abs. 1a StVO:
„Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist."
Das Amtsgericht Rinteln (Urt. vom 27.10.16, 24 OWi 32/16) hat ausgeführt, dass ein iPod nicht unter den Begriff des Mobiltelefons i. S. von § 23 Abs. 1a StVO fällt.
Begründung: Die Mobiltelefoneigenschaft könne nur bejaht werden, wenn das Gerät zumindest auch die Benutzung als Telefon erlaube (Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl., 2015, Rn. 3043). Geräte, mit denen zwar technisch über eine Internetverbindung ggf. auch telefoniert werden könnte, seien nicht mehr als Mobiltelefon anzusehen. Das würde die Grenze des Wortlauts überschreiten (Burhoff/Burhoff, OWi, a.a.O., Rn. 3044).
Das OLG Hamm (Urt. vom 29.12.16, 1 RBs 170/16, Abruf-Nr. 194338) hat sich mit der Frage zu beschäftigen, wann ein „Benutzung" eines Mobiltelefons i. S. des § 23 Abs. 1a StVO vorliegt. In diesem Fall ging es um das Antippen des sog. „Home Buttons".
Das OLG verweist darauf, dass es obergerichtlich hinreichend geklärt sei, dass sowohl das Einschalten als auch das Ausschalten eines Mobiltelefons als Benutzung im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO anzusehen sind. Auch bei dem Antippen des Home-Buttons des in der Hand gehaltenen Mobiltelefons, um zu kontrollieren, ob das Gerät ausgeschaltet ist, handele es sich daher um eine solche Benutzung des Mobiltelefons.
Die Regelgeldbuße beträgt daher auch hier 60,- EUR und ein Punkt in dem Fahreignungsregister in Flensburg (Autofahrer), für den Radfahrer 25,- EUR.
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